Schreiben im Fachunterricht

Texte im Fachunterricht verfassen

Fachbegriffe zum Schreiben Fachbegriffe zum Schreiben

Gedanken einer Lehrkraft zum Schreiben im Fachunterricht:
„Wenn ich meinen Lernern aufgebe, einen Text zu verfassen, tun sie sich unglaublich schwer damit. Sie wissen oft nicht, wie sie überhaupt anfangen sollen, oder sind sich unsicher, ob ihr Text dann dem entspricht, wie ich es gerne hätte. Meistens aber beschweren sie sich darüber, dass sie im Fachunterricht überhaupt schreiben müssen – es sei ja schließlich kein Deutschunterricht.

Meistens aber beschweren sie sich darüber, dass sie im Fachunterricht überhaupt schreiben müssen – es sei ja schließlich kein Deutschunterricht.

Und die Migrantenkinder – die kommen mit dem Schreiben sowieso nicht zurecht. Sie kommen über den Anfang kaum hinaus und schreiben sich ziemlich schnell in sprachliche Sackgassen hinein, aus denen sie dann nicht mehr herausfinden. Ich kann das oft kaum entziffern und verstehe es nicht; zu korrigieren ist es schon gar nicht. Am Ende schreiben die Kinder einfach irgendwo irgendetwas ab. Ich frage mich dann schon, warum ich das eigenständige Schreiben im Fachunterricht überhaupt mit den Lernern üben soll. Wer schreibt denn schon später Versuchsbeschreibungen oder gar Fachbücher? Welche Kompetenzen werden überhaupt dabei trainiert? Lohnen sich die Mühen denn? Meine Kollegin ist dazu übergegangen, ihren Lernern Schreibhilfen anzubieten, sei es eine Gliederung, eine Art Archiv mit Materialien, ein Strukturdiagramm, eine Mind-Map oder ein Begriffsnetz. Die Lerner verbalisieren diese Materialien und nutzen sie als Grundlage für ihre Verschriftlichung – und melden ihr unisono zurück, dass ihnen das hilft, sie ein brauchbares Ergebnis erhalten und das Gefühl eines Erfolgs verspüren. Das alles hört sich ermutigend an; vielleicht sollte ich das auch einmal versuchen. Leider findet man in der Richtung noch sehr wenig in der Literatur und im Internet.“

Lesen ist schon schwer genug – und dann auch noch das Schreiben! Schreiben im und für den Unterricht gehört für die Lernenden zum Schwierigsten überhaupt. Hierfür gibt es mehrere Gründe:

Schreiben im und für den Unterricht gehört für die Lernenden zum Schwierigsten überhaupt.
  1. Gelingendes Schreiben setzt voraus, dass die Lerner die Bildungssprache beherrschen bzw. überwiegend beherrschen. Dies ist aber gerade bei sprachschwachen Lernern bzw. denen mit Zuwanderungsgeschichte nicht der Fall.
  2. Unter „Schreiben“ wird sowohl der Prozess der Textproduktion als auch die Schreibkompetenz an sich verstanden. Beide Elemente unterliegen aber unterschiedlichen Einflussfaktoren, die sich zum Teil auch noch gegenseitig bedingen. Das Beherrschen der beiden Elemente ist für den Lerner somit sehr anspruchsvoll und komplex.

Schreibkompetenz ist eine grundlegende Form des kommunikativen Umgangs mit der Welt. Dieser „kommunikative Umgang mit der Welt“ in Form des Schreibens kann aber nur fächerübergreifend erfolgen; die Förderung der Schreibkompetenz ist somit zwangsläufig eine Aufgabe aller Fächer.

Schreibkompetenz ist die grundsätzliche und zielgerichtete Fähigkeit, Texte unterschiedlicher Art in ihren Absichten, ihren Adressaten und ihrer formalen Struktur situationsangemessen und erfolgreich herzustellen und dabei die eigene Schreibhandlung kognitiv und reflexiv zielgerichtet zu steuern und zu bewerten.

Schreiben im Fach hingegen – verstanden als das Verfassen von Texten – ist ein ebenso kreativer wie produktiver Lernprozess, der zudem auch noch auf zwei unterschiedlichen Ebenen stattfindet. Denn beim Schreiben bringen wir fachliches und sprachliches Lernen zusammen, da wir das Fach gleichzeitig in der Sprache sowie mit der Sprache lernen.

Schreibkompetenzmatrix Schreibkompetenzmatrix

Kompetenzniveau I: Darstellen von Sachverhalten in vorgegebenen Formen

  • schriftliches Darstellen von Sachverhalten in verschiedenen Darstellungsformen (z.B. Tabelle, Graf, Skizze, Text, Bild, Diagramm, Mind-Map, Formel);
  • schriftliches Beantworten von Fragen zu einfachen fachlichen Sachverhalten;
  • schriftliches Präsentieren einfacher Sachverhalte;
  • fachsprachlich korrektes Fassen einfacher Sachverhalte;
  • schriftliches Kommunizieren einfacher Argumente und Beschreibungen.

Kompetenzniveau II: Situationsgerechtes Anwenden von Kommunikationsformen

  • schriftliches Präsentieren komplexerer Sachverhalte;
  • adressatengerechtes Darstellen fachlicher Sachverhalte in schriftlich verständlicher Form;
  • fachsprachlich korrektes schriftliches Verfassen umgangssprachlich formulierter Sachverhalte;
  • präzises schriftliches Kommunizieren einfacher Argumente und Beschreibungen.

Kompetenzniveau III: Kommunikationsformen situationsgerecht auswählen und einsetzen

  • schriftliches Beziehen einer Position zu einem fachlichen Sachverhalt, Begründen und Verteidigen dieser Position in einem fachlichen Diskurs;
  • schriftliches Darstellen eines eigenständig bearbeiteten komplexeren Sachverhaltes für ein Fachpublikum (z.B. in einer Facharbeit);
  • präzises schriftliches Kommunizieren fachlicher Argumentationsketten.

Gerade bei den Schreibsituationen mit Kompetenzniveau II und III wird deutlich, warum sprachschwache Lerner häufig vom Schreiben überfordert sind. Denn das Schreiben im Fach und über das Fach setzt neben fachlichen auch sehr komplexe sprachliche Fähigkeiten voraus, die solche Lerner aufgrund ihres (zweit-)sprachlichen Werdegangs oft nicht mitbringen. Sollen Lerner also beispielsweise diskursiv argumentieren, verschiedene Perspektiven einnehmen, Pro-Kontra- Situationen bewältigen, zusammenhängende Argumentationsketten gestalten oder rhetorische Elemente beim Schreiben nutzen, muss die Lehrkraft zusätzlich binnendifferenziert ausgestaltete Unterstützung anbieten, um auch sprachschwachen Lernern Erfolgserlebnisse zu verschaffen und deren entmutigtes Resignieren zu verhindern.

Schreibsituationen Schreibsituationen

Der Fachunterricht bietet unterschiedlichste Schreibgelegenheiten. Besonders häufig kommen dabei vor:

  • das Schreiben zur Wiederholung;
  • das Schreiben zur Vergewisserung über Zwischenstände oder Teilergebnisse;
  • das Schreiben zur Vorbereitung auf ein Gespräch oder eine Diskussion;
  • das Schreiben zur Vorbereitung auf kleinere und größere planvolle Redebeiträge;
  • das Schreiben zum Festhalten von Redebeiträgen bei der Betrachtung von Bildern, Zeichnungen, Experimenten oder beim Lösen von Problemen;
  • das Schreiben als Teil einer Präsentation und
  • das Schreiben als Rückblick auf den Unterricht.

Im Fachunterricht können unterschiedlichste Schreibaufgaben gestellt werden. Einige Beispiele sind: Versuchsbeschreibung, Prozessbeschreibung, Diagrammbeschreibung, Beschreibung eines Ablaufs, einer Handlung, einer Beobachtung, eines Ergebnisses, eines Gedankenganges, Formulierung einer Hypothese, Erklärung, Schlussfolgerung … Schreibaufgaben gehen mit jeweils unterschiedlichen Schreibsituationen einher; letztere bestimmen wiederum die Schreibprodukte. Im Unterricht sind Schreibprodukte in der Regel das Ergebnis einer Aufgabenstellung und somit Lernprodukte. Meistens ist der Schreibauftrag dabei Teil einer umfassenderen Aufgabe. Schreibprodukte lassen sich in drei Kategorien einteilen:

Schreibprodukte mit Sachbezug

  • Kurze eigene Formulierungen: Der Unterricht ist reich an Gelegenheiten für kurze eigene schriftliche Formulierungen, die vom Umfang her nur einen Satz (oder wenige kurze Sätze) umfassen. Beispiele dafür sind: Formulierung einer Hypothese, Vermutung, Überlegung, Idee etc.
  • Beschreibung: Die Beschreibung eines Versuchsaufbaus, Experiments, Gerätes, Prozesses, Vorgangs, Bildes, einer Apparatur, Handlung etc. ist eine der sogenannten Standardsituationen des Fachunterrichts. Die Qualität des Schreibprodukts (also der Beschreibung) wird dabei durch folgende Kriterien bestimmt: klare Struktur, übersichtlicher Aufbau, passende Gliederung, präzise Sprache und ggf. die Einbindung von Bildmaterial. Für das Gelingen des Schreibprodukts ist es hilfreich und förderlich, den Lernenden Schreibhilfen zu geben, die ihren jeweiligen Vorerfahrungen und ihrem Leistungsvermögen entsprechen. Beispiele für Schreibhilfen sind: Mind-Map, Strukturdiagramm, Flussdiagramm, Filmleiste, Wortliste, Wortgeländer, Wortfeld etc..
  • Schriftliche Erklärung eines Sachverhalts: Auch die schriftliche Erklärung eines Sachverhalts ist eine Standardsituation des Fachunterrichts. Sie erfolgt unter Einbindung fachlichen Wissens und schließt sich meist an eine Beschreibung an. Qualitätskriterien für eine „gute“ Erklärung sind: fachliche Korrektheit, logischer Aufbau, argumentative Klarheit, überzeugende Darstellung. Bei diesem Schreibprodukt kann die Unterstützung durch Schreibhilfen dienlich und förderlich sein.
  • Facharbeit: Die Facharbeit ist eine umfangreichere kleine wissenschaftspropädeutische Arbeit entsprechenden Umfangs, die vorgegebenen Kriterien genügt.

Schreibprodukte mit Adressatenbezug

  • Adressatengerechte Darstellung: In der Regel werden Sachtexte im Stil des Lehrbuches verfasst. Eine reizvolle und anspruchsvolle Aufgabe ist es, gelernte und verstandene Sachverhalte adressatengerecht für andere Personen darzustellen, z.B. für die jüngere Schwester, die Eltern, eine blinde Person …
  • Adressatengerechte Replik: Im Unterricht gibt es auch Situationen, in denen der Lerner adressatengerecht Stellung beziehen muss, also z.B. als Laie, als Lernpartner, als Fachmann etc.

Schreibprodukte mit Ichbezug

  • Erfahrungsbericht: Lernende machen eine Vielzahl von Erfahrungen, über die sich zu berichten lohnt; dies kann gewinnbringend in den Unterricht integriert werden.
  • Kreative Schreibformen: Anlass für Schreibprodukte dieser Kategorie ist ein fachlicher Sachverhalt, der in spielerisch kreative Schreibform gebracht wird. Beispiele sind: szenische Dialoge, fiktive Erlebnisgeschichten physikalischer Objekte, fiktive Begegnungen mit historischen Personen, fiktive fachliche Konferenzen …
Schreibprodukte Schreibprodukte

Manche Lerner können schreiben, andere hingegen müssen dies mühsam erlernen. Im Fachunterricht aber wird verlangt, dass jeder Lerner das Schreiben von Sachtexten angemessen können muss. Wie die Erfahrung zeigt, ist das „Schreibenkönnen“ ebenso wie das „Lesenkönnen“ bis zu einem gewissen Grad erlernbar.

Beim Schreibenlernen bieten Schreibstrategien eine gute Unterstützung.

  1. Nach einem Mustertext schreiben
  2. Mit Versatzstücken schreiben
  3. Mit anderen gemeinsam schreiben
  4. Darstellungsformen vertexten
  5. Mit Schreibhilfen schreiben
  6. Einen gegebenen Text anpassen
  7. Mit einer vorgegebenen Gliederung schreiben
  8. Verschiedene Texte zum Thema nutzen
  9. Nach einem Frageraster schreiben
  10. Nach einem Schreibplan schreiben

Mit zunehmender Strategienummer steigen die Ansprüche an die Eigentätigkeit des Lesers. Kriterien für die Auswahl der Schreibstrategie sind:

  • die jeweilige Schreibkompetenz der Schreiber,
  • die schreibdidaktische Absicht,
  • die Textsorte und
  • der im Unterricht zu behandelnde fachliche Inhalt.

Vornehmlich die ersten fünf Schreibstrategien sind für DaZ-Lerner geeignet.